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«Das Rote Haus ist der perfekte Ort für das Fumetto!»

Fleischiges Vergnügen: Im Rahmen des Fumetto Comic Festivals sind die Werke internationaler Comic-Talente im Roten Haus zu sehen. Lea Willimann, künstlerische Leiterin des Festivals, ist begeistert vom Herzstück des ewl Areals – und verrät, was es mit dem Thema Fleisch auf sich hat.

Die gelb-beflaggte Seebrücke signalisiert es unmissverständlich: Das Fumetto Comic Festival hat die Stadt Luzern einmal mehr in seinen Bann gezogen. Während die strahlend gelben Festivalbanner im Wind des Luzerner Seebackens flattern, pilgern Festivalbesucherinnen und Besucher von nah und fern zu Ausstellungen, die sich über die gesamte Stadt erstrecken.

Nicht wenige zieht es ins Rote Haus auf dem ewl Areal, das bereits zum dritten Mal von Fumetto bespielt wird. Dort sind bis zum Sonntag die für den internationalen Wettbewerb eingereichten Werke zu sehen. Damit nimmt das Rote Haus eine besonders prominente Rolle innerhalb des Festivals ein.

Im Roten Haus trifft man auch auf Lea Willimann. Die künstlerische Leiterin des Fumetto spricht über den Glücksfall dieses besonderen Gebäudes für das Festival und erklärt, warum sich dieses für Kunst- und Kulturveranstaltungen besonders eignet.

Lea Willimann, welchen Eindruck hatten Sie, als Sie das Rote Haus erstmals betraten?
Willimann: Das Gebäude beeindruckte mich alleine schon aufgrund seiner Grösse. Dieser enorm hohe und rohe Raum bietet viel Platz und Freiheiten, um ihn kreativ zu bespielen. Die industrielle Geschichte, die im Gebäude innewohnt, finde ich zudem persönlich sehr ansprechend.

Können Sie das etwas ausführen?
Willimann: Es ist einfach faszinierend, Kunst an solchen industriellen Orten zu platzieren. Der Kontrast ist spannend. Ein paar temporäre Wände und eine Beleuchtung sind alles, was es braucht. Schon kann man in diesem Raum praktisch alles realisieren, was man sich vorstellen kann.

Das klingt nach guten Qualitäten für ein Festival wie Fumetto.
Willimann:
Das Rote Haus ist der perfekte Ort für uns! Solche Räume sind wichtig für uns. Und sie sind selten – besonders in einer Stadt wie Luzern, die immer dichter bebaut wird. Fumetto war deshalb von Anfang an auf der Suche nach solchen Orten: nach Zwischennutzungen und Offspaces. Das Schöne ist: Comics sind eine niederschwellige Kunstform und können an jedem Ort präsentiert werden, vom Kunstmuseum bis zum Coiffeursalon.

In diesem Jahr können Besucherinnen und Besucher dort die Beiträge zum internationalen Wettbewerb einsehen. Weshalb hat man sich diesbezüglich für das Rote Haus entschieden?
Willimann:
Die Wettbewerbsaustellung braucht Platz. In diesem Jahr haben wir 1111 Einsendungen aus der ganzen Welt erhalten. Aus letztlich 45 nominierten Beiträgen wählt eine Fachjury die Gewinnerinnen und Gewinner aus. In der Vergangenheit wurden die ganzen Beiträge in physischen Ordnern ausgelegt. Im Roten Haus können wir nun die Arbeiten der 45 Nominierten – das sind immerhin rund 160 Seiten Comic – ausstellen. Alle weiteren Beiträge können per Tablet eingesehen werden.

Das Thema des Wettbewerbs in diesem Jahr ist Fleisch. Was hat es damit auf sich?
Willimann:
Der Begriff «Fleisch» eignet sich als Thema, weil er in viele Richtungen interpretierbar ist. Man kann ihn politisieren – beispielsweise in Bezug auf Tierhaltung, Veganismus oder den Klimawandel. Man kann den Begriff erotisieren. Oder auch ohne moralische Komponente betrachten. Persönlich habe ich mich vor allem über die Einsendungen der jüngsten Künstlerinnen und Künstler gefreut.

Weshalb?
Willimann:
Kinder nehmen das Thema des Wettbewerbs oft auf eine noch total freie Art und Weise auf. Sie sehen die Welt anders – oftmals mit besonders viel Humor. Die jüngste Person, die einen Beitrag eingereicht hat, ist übrigens gerade einmal fünf Jahre alt.

Für die künstlerische Zukunft ist also gesorgt. Wie sieht es für die Zukunft des Festivals aus?
Willimann:
Ich wünsche mir, dass sich Fumetto konsolidiert und weiter wächst und richtig gross wird – ohne seinen Charakter zu verlieren. Das bedeutet, dass wir uns finanziell besser aufstellen müssen.

Wie sieht es denn aktuell finanziell aus?
Willimann:
Die Situation ist prekär, da darf man sich nichts vormachen. Das Festival ist zwar national und international etabliert und in der Szene fest verankert. Ohne wahnsinnig viel Leidenschaft aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre das Festival nicht zu stemmen. Wir erhalten zwar Unterstützung von der Stadt und sind dankbar dafür. Tatsache ist aber auch, dass sich dieser Betrag seit Jahren nicht verändert hat, das Festival jedoch schon. Es geht uns dabei nicht darum, Profit zu machen, sondern die niederschwellige Zugänglichkeit zur Comic-Kunst zu erhalten.

Nun aber nochmals zurück in die Zukunft. Genauer gesagt ins Jahr 2032. Das ewl Areal, inklusive Rotes Haus, soll dann voraussichtlich fertiggestellt sein und Fumetto sein 40- jähriges Bestehen feiern. Werden Sie mitfeiern?
Willimann:
Ich hoffe doch sehr! Comics sind die beste Kunstform. Sie können einfach alles und sind für jede Zielgruppe geeignet. Sie können alles darstellen, von Reportagen und Biografien über Superheldinnen und Helden und Horror bis hin zu Humor oder abstrakter Kunst. Comics sind für Alle da. Das wissen einfach noch nicht alle. Genau diese Vermittlungsarbeit ist unsere Aufgabe – heute und auch in Zukunft.

Mehr Infos zum Festival: www.fumetto.ch

Text: Ismail Osman
Bilder: Eveline Beerkircher